Systemische Familienberaterin für Einzel-, Paar- und Familienberatung. Digital & deutschlandweit.

Familienpsychologische Gutachten – Vorbereitung und Begleitung (Teil 2)

Ich arbeite seit vielen Jahren mit den unterschiedlichsten Kanzleien im Bereich Familienrecht, spezifizierter Kindschaftsrecht zusammen. Umgang und Sorge sind neben den finanziellen Fragen, Themen, die jedes Elternpaar beschäftigt, sobald es zu einer Trennung kommt. Die Fälle, die ich mit den Jurist:innen begleite, sind häufig hochstrittig und sehr emotional. Der Ansatz neben der juristischen Begleitung auch die Vielzahl weiterer Themen (Entwicklungsfragen der Kinder, Kommunikation mit dem sogenannten Helfersystem, Begleitung bei anstehenden Begutachtungen usw.) aufzufangen, setzt einen Standard, der in der Ganzheitlichkeit im Familienrecht aus meiner Sicht einen Unterschied im Ergebnis macht. Ich möchte in der interdisziplinären Zusammenarbeit mit den Jurist:innen die Gestaltung und Entwicklung der sich neusortierenden Elternebene begleiten. Mir liegt die Entlastung im Konflikt sowie die kindliche Perspektive in den Trennungsfällen sehr am Herzen.

Wenn Sie gerade erst anfangen, sich mit dem Trennungsthema zu beschäftigen, ist vielleicht dieses Retreat etwas für Sie. Zusammen mit Svenja Auerswald begleite ich ein Wochenende lang durch alle möglichen Themenbereiche, die unter der Überschrift „Trennung mit Kind(ern)“ auf betroffene Elternteile zukommen. 

 

Vorbereitung auf ein familienpsychologisches / familienpsychiatrisches Gutachten

Eine häufig gestellte Eingangsfrage von Gutachter:innen ist diese: „Weshalb sitzen wir heute zusammen?“. Diese Frage ist eine Einladung, die eigene Perspektive auf die jetzige familiäre Entwicklung zu beschreiben und den eigenen Anteil an der Gesamtsituation zu reflektieren. Vielleicht haben Sie den ersten Teil meiner Beitragsreihe noch vor Augen? Darin ging es vordergründig darum, ein anstehendes Gutachten als Chance zu begreifen und mit dieser Haltung den weiteren Verlauf maßgeblich mitzubestimmen.

Sich mit obiger Fragestellung auseinanderzusetzen und dann eine stimmige Antwort darauf zu finden, bestimmt den Großteil der Vorbereitung auf ein Gutachten. 

Die Antwort allein in der ehemaligen Paarbeziehung und den Trennungskonflikten zu suchen, ist zu kurz gesprungen.

 

Dein eigenen Anteil erkennen

Vielmehr geht es darum, zu verstehen, was zwei Menschen, die ein oder mehrere Kinder miteinander haben, vereint, aber eben auch trennt. Deshalb beschäftigen sich die meisten Gutachten zu Beginn immer mit der Biographie der Personen. Die Sozialisierung in der eigenen Herkunftsfamilie spielt eine entscheidende Rolle bei der Partnerwahl, den Kommunikationsmustern, der Tragfähigkeit von Beziehungen und Bindungen. Sich damit auseinanderzusetzen, beantwortet nicht nur Gutachter:innen einen Teil der eingangs aufgeworfenen Frage, sondern auch sich selbst. 

Die Vorbereitung auf ein Gutachten ist das Kristallisieren eigener Fähigkeiten, Ressourcen und Entwicklungsräume. Je mehr Klarheit über den eigenen Anteil an der Situation besteht, desto größer die Chance, die eigenen Hebel für die Veränderung der Gesamtsituation zu finden. 

Es geht um den eigenen Anteil an der Situation in einer Begutachtung. Die meisten Menschen, die ich anfänglich für eine Begutachtung treffe, sind sehr damit beschäftigt, was sie alles über den anderen Elternteil erzählen könnten, damit endlich ans Licht kommt, wie schlimm „das alles“ ist. 

Das subjektive Erleben ist häufig leidvoll. In vielen Fällen wird das eigene Leid mit dem daraus abgeleiteten Leid des gemeinsamen Kindes vermischt. Ich klammere an dieser Stelle bewusst die Fälle aus, in denen Gewalt stattgefunden hat. Denn hier gibt es einen deutlich anderen Fahrplan.

Das eigene Leid aus einem möglicherweise schmerzhaften Ausstieg aus der Paarbeziehung hat wenig mit dem Erleben des Kindes zu tun. Was Elternteile im Sinne der Selbstfürsorge hier tun können, ist sich mit dem Abschied aus der Paarbeziehung auseinanderzusetzen und diesen Prozess  ins Leben zu integrieren. Dann bleiben in der Regel auch wenig Reste, die die weiterbestehende Familienebene belasten. 

Je mehr Reste aus Verletzungen und Befindlichkeiten wirken, umso herausfordernder die Elternebene zu gestalten und im tatsächlichen Sinne der Kinder zu agieren. 

Dieses Gefälle wird häufig in den Gutachten aufgedeckt und wird in Beschreibung der Bindungstoleranz gegenüber dem anderen Elternteil wörtlich eingeschätzt. 

Ich setze mich in der Vorbereitung zur Begutachtung mit Klient:innen sehr stark mit den Themenfeldern Herkunftsfamilie, Paarbeziehung, Trennung, Erziehung und Wahrnehmung der gemeinsamen Kinder sowie das Erleben der aktuellen Situation auseinander und begleite letztlich auch in vielen Fällen die persönliche Entwicklung mit.

 

Fazit:

Sich auf ein Gutachten vorzubereiten, gleicht der tiefen Auseinandersetzung mit der Situation und liefert Antworten auf die Frage nach dem eigenen Anteil. Die Reflexion des eigenen Anteils – und Achtung es geht nicht um Schuld(!) – ist der vielleicht wichtigste Punkt auf dem Weg des eigenen Ziels für eine Begutachtung.