Seit Jahren arbeite ich u.a. mit dem Team von Kind und Recht hochspezialisiert im Kindschaftsrecht zusammen. Umgang und Sorge sind neben den finanziellen Fragen, Themen, die jedes Elternpaar beschäftigt, sobald es zu einer Trennung kommt. Die Fälle, die wir begleiten, sind häufig hochstrittig und sehr emotional. Unser Ansatz neben der juristischen Begleitung auch die Vielzahl weiterer Themen (Entwicklungsfragen der Kinder, Kommunikation mit dem sogenannten Helfersystem, Begleitung auf und während einer Begutachtung usw.) aufzufangen, setzt für uns einen Standard, der in der Ganzheitlichkeit im Familienrecht so bislang kaum zu finden ist. Wir möchten mit unserer Arbeit die Gestaltung und Entwicklung der sich neusortierenden Elternebene begleiten. Uns liegt die Entlastung im Konflikt sowie die kindliche Perspektive in den Trennungsfällen sehr am Herzen.
Ich habe mir in Zusammenarbeit mit meinen Teamkolleginnen, Linda Büchner* und Ramona Freitag, das Thema „Begleitung vor, während und nach einer familienpsychologischen Begutachtung“ vorgenommen und für Sie, liebe_r Leser_innen, Schritt für Schritt aufbereitet. Auf meiner Seite finden Sie meinen Bereich in diesem Themenfeld. Auf der Seite von Kind und Recht finden Sie den Bereich von Frau Büchner* als Juristin, und von Frau Freitag als Rechtsfachwirtin. Hier der sehr lesenswerte Text von Frau Büchner* aus ihrer juristischen Sicht.
Entstanden ist ein umfangreicher Überblick über diesen Teil unseres Tagesgeschäftes.
Durch den ersten Teil sind Sie bestimmt schon gut im Bild, aber dennoch zögern Sie bitte nicht, uns anzusprechen, wenn Sie tiefergehende Fragestellungen haben und ein Expertenteam zu diesem Thema an Ihrer Seite brauchen.
Ich wünsche Ihnen viel Freude beim Lesen des zweiten Artikels!
Eine häufig gestellte Eingangsfrage von Gutachter_innen ist diese: „Weshalb sitzen wir heute zusammen?“. Diese Frage ist eine Einladung, die eigene Perspektive auf die jetzige familiäre Entwicklung zu beschreiben und den eigenen Anteil an der Gesamtsituation zu reflektieren. Vielleicht haben Sie den ersten Teil unserer Beitragsreihe noch vor Augen. Darin ging es vordergründig darum, ein anstehendes Gutachten als Chance zu begreifen und mit dieser Haltung den weiteren Verlauf maßgeblich mitzubestimmen.
Sich mit obiger Fragestellung auseinanderzusetzen und dann eine stimmige Antwort darauf zu finden, bestimmt den Großteil der Vorbereitung auf ein Gutachten.
Die Antwort allein in der ehemaligen Paarbeziehung und den Trennungskonflikten zu suchen, ist zu kurz gesprungen.
Vielmehr geht es darum, zu verstehen, was zwei Menschen, die ein oder mehrere Kinder miteinander haben, vereint, aber eben auch trennt. Deshalb beschäftigen sich die meisten Gutachten zu Beginn immer mit der Biographie der Personen. Die Sozialisierung in der eigenen Herkunftsfamilie spielt eine entscheidende Rolle bei der Partnerwahl, den Kommunikationsmustern, der Tragfähigkeit von Beziehungen und Bindungen. Sich damit auseinanderzusetzen, beantwortet nicht nur dem oder der Gutachter_in einen Teil der eingangs aufgeworfenen Frage, sondern auch sich selbst.
Die Vorbereitung auf ein Gutachten ist das Kristallisieren eigener Fähigkeiten, Ressourcen und Entwicklungsräume. Je mehr Klarheit über den eigenen Anteil an der Situation besteht, desto größer die Chance, die eigenen Hebel für die Veränderung der Gesamtsituation zu finden.
Es geht um den eigenen Anteil an der Situation in einer Begutachtung. Die meisten Menschen, die ich anfänglich für eine Begutachtung treffe, sind sehr damit beschäftigt, was sie alles über das andere Elternteil erzählen könnten, damit endlich ans Licht kommt, wie schlimm „das alles“ ist.
Das subjektive Erleben ist häufig leidvoll. In vielen Fällen wird das eigene Leid mit dem daraus abgeleiteten Leid des gemeinsamen Kindes vermischt. Dies sind unterschiedliche Paar Schuhe. Das eigene Leid aus einem möglicherweise schmerzhaften Ausstieg aus der Paarbeziehung hat – bis auf Ausnahmen(!) – wenig mit dem Erleben des Kindes zu tun. Was Elternteile im Sinne der Selbstfürsorge hier tun können, ist sich mit dem Abschied aus der Paarbeziehung auseinanderzusetzen und es gut ins Leben zu integrieren. Dann bleiben in der Regel auch wenig Reste, die die weiterbestehende Familienebene belasten.
Je mehr Reste aus Verletzungen und Befindlichkeiten wirken, umso herausfordernder die Elternebene zu gestalten und im tatsächlichen Sinne der Kinder zu agieren.
Dieses Gefälle wird häufig in den Gutachten aufgedeckt und wird in Beschreibung der Bindungstoleranz gegenüber dem anderen Elternteil wörtlich eingeschätzt.
Ich setze mich in der Vorbereitung zur Begutachtung mit Klient_innen sehr stark mit den Themenfeldern Herkunftsfamilie, Paarbeziehung, Trennung, Erziehung und Wahrnehmung der gemeinsamen Kinder sowie das Erleben der aktuellen Situation auseinander und begleite letztlich auch in vielen Fällen die persönliche Entwicklung mit.
Frau Büchner* hat hier sehr umfassend beschrieben, was rechtlich zu beachten ist, wenn Sie in die Gutachtertermine gehen.
Sich auf ein Gutachten vorzubereiten, gleicht der tiefen Auseinandersetzung mit der Situation und liefert Antworten auf die Frage nach dem eigenen Anteil. Die Reflexion des eigenen Anteils – und Achtung es geht nicht um Schuld(!) – ist der vielleicht wichtigste Punkt auf dem Weg des eigenen Ziels für eine Begutachtung.
Schön, dass Sie uns bis hierin im Lesen begleitet haben. Der dritte Teil unserer Reihe beschäftigt sich mit der Frage der Nachbereitung eines Gutachtens. Gutachten haben häufig um die 100 Seiten. Wir gucken einmal drauf, wie sie zu lesen und einzuordnen sind und welche Möglichkeiten bestehen, ein Gutachten anzufechten. Dieser 3. Teil wurde maßgeblich von meinen Kolleginnen Linda Büchner, Jennifer Otto und Ramona Freitag erarbeitet und ist deshalb auch auf der Seite von Kind und Recht verfügbar.
*Zwischenzeitlich hat Frau Büchner das Team von Kind und Recht verlassen. Frau Otto hat hier den juristischen Teil rund um das Thema Gutachten übernommen.